Wirksame Führung hat eine Hauptfunktion: Den Mitarbeitenden Halt und Orientierung geben.
Oft hört man, wie gute Führung sein muss: Direktiv, partizipativ, situativ, transformational usw. Das ist gefährlich, denn hier lauert die Lieblingsstilfalle.
- Wie soll man defineren, wie gute Führung sein soll, ohne zu wissen, wer und was überhaupt geführt werden soll.
- Das Ziel von Führung ist wirksam zu sein. Das ist sie, wenn die Führungsinterventionen geeignet sind, die anstehenden Herausforderungen zu überwinden.
Es geht um das Erleben der Mitarbeitenden
Wirksame Führung fokussiert auf das Erleben der Mitarbeitenden – nicht auf das Eigene. Wirksame Führung vermittelt Halt und Orientierung. Nicht zu viel, sonst fühlen sich die Mitarbeitenden eingeengt oder verlernen, selbst mit Unsicherheiten umzugehen. Nicht zu wenig, sonst herrscht bald Orientierungslosigkeit. Das heisst, wirksame Führung sucht kontinuierlich das Optimum zwischen Unterforderung und Überforderung. So entsteht auch psychologische Sicherheit.
Fragt die Mitarbeiterin nach einer Entscheidung, fokussiert die wirksame Führungskraft darauf, wie viel Druck die Mitarbeiterin mit dieser Entscheidung empfindet: Kann ich ihr die Entscheidung zumuten und sie so noch etwas mehr in die Lernzone schubsen? Weil nur hier lernt sie wirklich dazu. Oder ist der Druck bereits hoch oder zu hoch, und ich unterstütze sie in der Entscheidung. Dazu muss ich ihr die Entscheidung ja nicht unbedingt abnehmen, sondern kann fragen: “Was brauchst du von mir, dass du entscheiden kannst?”.
Gute Antworten um die Wirkung zu erhöhen
Wirksame Führungskräfte haben viele solche Antworten auf Lager, um die Mitarbeitenden möglichst im Optimalen Druck zu geben: “Wie würdest du entscheiden?” “Komm, wir schauen es gemeinsam an, damit du entscheiden kannst.” In anderen Worten: Wirksame Führungskräfte spielen Delegation Poker.
Nur wenn sie spüren, dass die Gegenseite überfordert ist, nehmen sie den Entscheid zu sich. Sie wissen, dass Entscheide die Tendenz haben, nach Oben delegiert zu werden. Entscheide wandern in Organisationen nach Oben, wie die CO2-Blasen im Mineralwasser. Wirksame Führungskräfte kennen ihren Reflex, selber entscheiden zu wollen und sich damit nützlich zu fühlen. Doch sie wissen auch: Dieser Reflex führt in die Expertenfalle.
Wirksame Führung visualisiert im Leadnow-Navigator
Das Leadnow-Modell visualisiert die beschriebenen Dynamiken. Setzt die Führungskraft zu viel Druck auf, schiesst sie über das Ziel hinaus und bringt die Mitarbeitenden in die Überforderung. Wird umgekehrt zu wenig hoch gezielt, freuen sich die Mitarbeitenden über den Komfort. Dazwischen ist der “sweet spot”: Genügend Unsicherheit um dazuzulernen und aufmerksam zu bleiben, aber nicht so viel, dass Panik einkehrt.
Eine gesunde Organisation tariert die Bedürfnisse von Mensch und Organisation gut aus. Dies ist in der Horizontalen dargestellt. Optimal wirksame Führung zielt immer in den Optimaldruck und fokussiert je nach Situation auf die Bedürfnisse von Organisation oder Mensch.
Der Leadnow-Navigator zeigt, wie Führung bei den Mitarbeitenden wirkt. Wirksame Führung ist im Mittelband, zwischen L und D. Dort ist der Optimaldruck. Dieser entsteht, wenn das Ziel klar ist (Orientierung) und wenn es motivierend, als herausfordernd aber erreichbar wahrgenommen wird.
Orientierung entsteht durch Zielfokus (beim “L”): Hier geht es darum, dass die Ziele klar sind.
Halt entsteht durch Mensch-Orientierung (beim “D”): Hier geht es darum, eine gute Beziehung zu seinen Zielen aufzubauen. Mache ich das für mich, fürs Geld, fürs Unternehmen? Kann ich es schaffen? Was wenn nicht?
Wirkung und Nebenwirkung von Mensch- und Zielorientierung
Jeder Fokus hat einen Nutzen, aber auch einen Preis oder “Nebenwirkungen”.
Orientierung durch Zielvorgaben Halt ist Privatsache | Halt durch Ringen nach Zielen Orientierung entsteht gemeinsam | |||
Vorteile | – schnell (effizient) – präzis – wenig Initialaufwand | – effektiv – resilient – stärkt Identifikation | ||
Nachteile | – fragil – nicht Identifikationsfördernd | – hoher Initialaufwand – hat Eigendynamik |
Sämtliche Führungsstile lassen sich aus dieser Perspektive in eine einfache Ordnung bringen: Wie wird Halt und Orientierung erzeugt?
Direktiv | Partizipativ | |||
Beispiel Führungsstile | Führungsstil | Halt und Orientierung durch: | Führungsstil | Halt und Orientierung durch: |
Autokratisch | Bürokratisch | |||
Patriarchal | Den Patron als Gesamtkunstwerk (L’état c’est moi) | Kooperativ | Gemeinsame Regeln | |
Bürokratisch | Prozesse, Vorgaben, Regeln | Partizipativ | Gemeinsame Regeln | |
Transaktional | Prozesse, Vorgaben, Regeln | Soziokratisch | Gemeinsame Regeln | |
MbO | Vorgegebene Ziele | Transformational | Werte, Visionen und Co. |
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Quellen
Max Weber beschrieb die vier Führungsstile: Autokratisch, Patriarchalisch, Bürokratisch und Charismatisch
Taylorismus
Kurt Lewin beschreibt ergänzend, teils überschneidend: Autoritär, Kooperativ, Laissez-Faire